Mit dem "bezaubernden Fräulein Margot" nach New York

8. Juni 1955 

An diesem Tag begann Margot Rohde als junge Stewardess ihre Karriere bei der Lufthansa und begleitete den Erstflug mit der "Super Connie" nach New York. Der Erstflug führte Margot Rohde und die restliche Crew von Hamburg über Düsseldorf nach New York. Für den neu eröffneten Liniendienst über den Nordatlantik kam eine neue Lockheed L-1049 G "Super Constellation" zum Einsatz – ein Meilenstein für die Lufthansa, wenig zuvor erst hatte Deutschland seine volle Souveränität und damit auch die Lufthoheit zurück erlangt.

Flughafenmitarbeiter Horst Jahnke traf die ehemalige Flugbegleiterin im Chiemgau zum Gespräch.

Frau von Engelmann-Rohde, erzählen Sie doch einmal, wie haben Sie diesen Jungfernflug nach New York erlebt?

Engelmann-Rohde: Für uns war dieser Flug einfach sensationell, ein absoluter Traum ging in Erfüllung. Sechs Wochen waren wir in einem Lehrgang darauf vorbereitet worden und dann ging es endlich los. Und stellen Sie sich vor, als junge Frau flog ich zum ersten Mal nach Amerika! Aber ehrlich gesagt, uns blieb überhaupt keine Zeit, groß über diesen besonderen Eröffnungsflug nachzudenken. Schließlich hatten wir uns um 50 bis 60 Passagiere an Bord zu kümmern – bei einer Flugzeit von rund 17 Stunden, mit einer Zwischenlandung in Düsseldorf und einem Tankstopp in Shannon. Im "Duty Free" in Shannon gab es übrigens ganz erlesene Spezialitäten und leckerste Pralinen, von denen wir im Nachkriegsdeutschland nur träumen konnten.


Margot Rohde als junge Stewardess  im Jahr 1955

Wie wurden Sie in New York empfangen?

New York im Morgengrauen ist sowieso nicht gerade der große Knaller, aber die Ankunft am Flughafen Idlewild, dem späteren John F. Kennedy Airport, war dann doch eine echte Enttäuschung. Der Flughafen selbst war eine einzige Baustelle, schrecklich. In Deutschland hatte ich schon bessere Feldflugplätze gesehen. Dagegen wurde uns dann im "Waldorf Astoria" ein phänomenaler Empfang bereitet: Alles, was Rang und Namen hatte, begrüßte die neue Deutsche Lufthansa in New York – unvergesslich. Unsere ersten Kapitäne auf der "Super Constellation" waren damals amerikanische Piloten. Und die luden uns dann zu Landausflügen ein und zeigten uns die schönsten Flecken von New York und Umgebung.

Der einfache Flug nach New York kostete damals in der Touristenklasse 1.500 Mark, in der ersten Klasse rund 2.000 Mark. Wer konnte sich das damals überhaupt leisten?

Auf den Amerikaflügen gab es immer viele wohlbetuchte Passagiere, meist hatten wir Geschäftsleute an Bord, aber auch viele Ausländer und die Deutschen, die ihre Familienangehörigen in den USA besuchten. Da war Fliegen noch Luxus. Und an Bord hat man sich fein gekleidet. Nach dem Stopp in Shannon folgte dann ein Nachtflug von 8 bis 9 Stunden über den Atlantik.

Haben Sie auf den Flügen viel Glamour erlebt, vielleicht Einladungen erhalten oder sogar Heiratsanträge bekommen?

Nein, nein, wir haben uns immer professionell um das Wohl unserer Fluggäste gekümmert, um ihnen einen möglichst angenehmen Aufenthalt an Bord zu bereiten. Klar, gehörten dazu auch nette Flirts, die die Reisezeit verkürzten. Wir hatten immer auch viel Prominenz an Bord: Vorstände großer Unternehmen, Stars und Sternchen, prominente Vertreter aus Film und Theater, Musiker und Sänger, die ihre internationalen Engagements wahrnahmen. Aber wir haben immer Distanz zu unseren Passagieren und Diskretion gepflegt.

"Super Constellation" am Flughafen München-Riem (1965)

Dann haben Sie als junge Stewardess die "große weite Welt" gesehen?

Ja, und ob! Und die Welt wurde immer schöner! Zunächst flogen wir die Europaziele an – London, Paris, Lissabon und Madrid. Im September 1956 eröffnete die Lufthansa dann den Orient-Dienst von München nach Istanbul, Beirut, Damaskus und Teheran. Ganz besonders attraktiv waren für mich dann die Flüge nach Südamerika: Rio, Copacabana – da konnte man schon ins Schwärmen geraten. Nicht zu vergessen, auf der Strecke nach Südamerika gab es einen Zwischenstopp in Dakar, da konnten wir schon einmal für ein paar Tage die herrlichen Strände im Senegal genießen.

Hatten Sie noch andere Lieblingsziele?

Gerne war ich in Beirut, damals eine wunderschöne Stadt mit tollen Einkaufsmöglichkeiten und netten Menschen in einem sehr gepflegten Ambiente. Man nannte Beirut ja auch das "Paris des Ostens", hier traf der Orient auf den Okzident, sehr spannend. Aber ich war auch oft in Kairo, in der Freizeit ging ich dort zum Reiten. Mein damaliger Tauchlehrer am Roten Meer brachte mir so viel Arabisch bei, dass ich meine Ansagen in der Kabine bald auch auf Arabisch machen konnte. Sie können sich vorstellen, was das für einen enormen Eindruck auf die Arabisch sprechenden Passagiere machte.

Können Sie sich auch an unangenehme Momente erinnern?

Die gab es eigentlich nicht, im Grunde haben wir alle Herausforderungen immer irgendwie gemeistert. Einmal mussten wir eine Notlandung vorbereiten. Eine angespannte Situation, weil sich angeblich das Fahrwerk nicht ausfahren ließ. Am Ende war es aber nur eine defekte Kontrollleuchte, kein Grund zur Aufregung und wir konnten problemlos landen. Durchaus gab es schon einmal unliebsame Passagiere, wo dann der Kapitän einschreiten musste. Ich kann mich an einen renitenten Passagier erinnern, der wohl dem Alkohol zu heftig zugesprochen hatte und deshalb an seinem Sitz festgebunden werden musste. Das war aber die große Ausnahme.

Welche Anforderungen mussten Sie mitbringen, welche Voraussetzungen galten für Sie als Stewardess?

Wichtig war schon eine gute Figur: Schlank musste man sein und eine gewisse Körpergröße haben, nicht zu groß, nicht zu klein. Ab 24 Jahren konnte man sich bewerben, wenn man unverheiratet war, Abitur hatte, zwei Fremdsprachen beherrschte und möglichst eine abgeschlossene Berufsausbildung – bevorzugt in sozialen Berufen – vorweisen konnte. Die Stewards kamen meist aus der Gastronomie.








Vor 60 Jahren, am 8. Juni 1955, fand der erste planmäßige Nordatlantikflug der Lufthansa mit einer Lockheed L-1049 G „Super Constellation“ von Hamburg nach New York statt. 

Mit Ihrem Augenaufschlag wurden Sie 1958 zur "Miss Wings over the World" gekürt.

Ja, das war für mich ein ganz besonderes Erlebnis, als ich für das Finale in Long Beach ausgewählt wurde und erstmals nach Kalifornien fliegen durfte. Die Lufthansa bediente damals nur New York. Ja, und dann gewann ich gleich "meinen" Oscar, der heute hier im Esszimmer steht. Den zweiten Platz belegte übrigens eine amerikanische Kollegin, Sharla Dvorak, mit der ich mich damals sofort anfreundete. Sie wohnte in Las Vegas, lud mich zu sich ein und zeigte mir ihre Stadt. Wunderbar. Und im nächsten Jahr durfte ich gleich nochmals nach Kalifornien, um die Trophäe an die nächste Siegerin zu übergeben.

Sie besuchen immer wieder einmal die "Super Connie" im Besucherpark am Flughafen München. Was verbindet Sie mit diesem Flugzeug?

Die "Super Constellation" mit den vier Propellern ist wohl das schönste Flugzeug überhaupt. Für mich war es aber auch das Flugzeug, das mich in die Welt hinaus brachte, das mir auch ganz persönlich neue Horizonte eröffnete. Schließlich waren mit den »Tip Tanks«, den Zusatztanks an den Tragflächen, auch Ziele im weit entfernten Südamerika zu erreichen. Später flog ich dann bevorzugt nach Asien, gerne auf dem Kurs Karachi, Bangkok, Hongkong oder Tokio. Für mich gab es überall unendlich viel Neues zu entdecken. Durch Kontakte zu den Kollegen in aller Welt eröffneten sich unglaublich viele Gelegenheiten, um überall Land und Leute kennenzulernen. Hatten wir einen Aufenthalt von ein paar Tagen, verbrachten zwei Drittel unserer Crews die Zeit lieber im Hotel, ruhten sich aus und spielten Skat. Ich gehörte da eher zu dem unternehmungslustigen Drittel und erkundete ausgiebig unsere Ziele. So landete ich schon einmal auf einem gigantischen Gartenfest in Pakistan oder für ein paar Tage in San Juan in Puerto Rico. Es gibt einfach viel zu viele interessante Ziele auf der Welt!

Die Begeisterung für fremde Menschen und Kulturen ist geblieben. Regelmäßig fliege ich nach Nepal, und auch der Jemen fasziniert mich.

Margot von Engelmann

Margot von Engelmann-Rohde

Ehemalige Flugbegleiterin bei der Lufthansa und "Miss Wings over the World" (1958)

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